September. Die Wochen fliegen nur so dahin. Letzte Woche noch waren es 30 Grad und Hochsommerwetter, jetzt sitze ich mit heißem Tee, Halsschmerzen und einer dicken Decke auf der Couch. Es ist Herbst geworden. Die dicken Wolkenbänke in ihrem melancholisch-grauen Aufzug bestätigen das. Auch der Wind, der zurück ist, um die übrig gebliebene Sommerhitze fort zu wehen, bis auch der Standhafteste von uns kalte Hände und Füße hat.
Ich genieße das. Ich liebe den Herbst, mit seinen Sehnsüchten, den Haaren im Wind, dem Regen, den bunten Blättern. Jedes Jahr aufs Neue spüre ich, dass es meine Jahreszeit ist. Es ist wie ein Nachhause kommen.
Ich höre die Wingmakers cd, der neue Shoud und der erste Band von Games of Thrones liegen neben mir. Ich war beim Bogen schießen. Wir haben dort heute zusammen gegrillt. Wirklich nette Leute. Aber meine triefende Nase und die besagten kalten Füße hatten sich gegen mich verschworen und so bin ich schon gefahren.
Das Bogen schießen macht mir wirklich großen Spaß. Es ist eine tolle Art, seinen Fokus zu konzentrieren, bei sich zu sein und den Rest einfach zu vergessen.
Im Kindergarten bin ich gut angekommen. Ich frage mich, warum ich nicht schon längst in den Kindergarten gegangen bin. Aber alles hat seine Zeit, nicht wahr?
Was nicht bedeutet, dass mir die kleinen Monster nicht auf der Nase herum tanzen und ich nicht auch mal deutlich werden muss. Aber ich habe sie trotz allem lieb.
Letztens hatte ich eine kleine Krise. Ich spürte eine innere Unruhe, ein Aufflammen von Sehnsucht nach Mehr, nach Neuem, nach Anderem. Ein Teil von mir wollte ausgehen, Menschen treffen, Reisen, Abenteuer erleben.
Dabei gibt es Tage, an denen ich nach Australien auswandern möchte. Und wieder welche, an denen ich mir ein Loch buddeln und mich darin verkriechen möchte….
Ich weiß einfach nicht, was ich will. Aber ich will auch zuerst meine Yogalehrerausbildung beenden und Fuß fassen in diesem neuen Beruf und das dauert auch noch 2-3 Jahre…
Ich nerve mich selber mit was-wäre-wenn-Fragen, will für mich sein, will eine Familie, will mich konzentrieren, will Ablenkung, will Yoga machen und Bogen schießen und Klettern und die Mädels treffen. Und da ist ja auch noch dieses ungeschriebene Buch…
Ich erwarte zu viel von mir und habe gleichzeitig das Gefühl, das Leben gehe an mir vorbei, als wäre alles, was ich tue, so sinnlos. Nutzlos. Alltagseinerlei und Zeitverschwendung.
Wo ist der Sinn in meinem Dasein? Ich werde in wenigen Wochen 32 Jahre alt und bin noch genauso kopflos wie ich immer schon war. Will alles und nichts, will mehr sein und mich gleichzeitig reduzieren. Zauberin, Lebenskünstlerin, Yogalehrerin, Schriftstellerin, Bogenschützin, Mutter, Ehefrau, Freundin, Mensch…
Wie kann ich diesen Anspruch los lassen, diese Suche beenden, endlich Ankommen und Ruhen in mir selbst? Ziele haben ist ja gut und schön, aber nicht, um sich selbst zu „verbessern“, sondern um Neues zu erleben.
Sicher habe ich all das, was ich mir gewünscht hatte, aber dass ich genau das gerade nicht kann, nämlich das genießen, was ich habe und bin, ist ja das, was mich so wurmt. Wo bin ich hin?
Ich habe dieses Jahr so viel geschafft, so viel begonnen und abgeschlossen. Es ist Wahnsinn. Und doch habe ich das Gefühl, als mache ich zu wenig. Als müsse ich mehr tun, mehr sein….
Woher kommt dieser Drang? Diese Sehnsucht, dieses Ziehen? Was muss ich tun, damit das aufhört?
10 Tage Vipassana-Meditation? Alleine nach Goa? Oder doch endlich das Buch fertig schreiben?
Welchen Weg, wo lang, wohin?
Gibt es jemanden auf dieser Welt, der das weiß?
Falls ja, ruft mich an, schreibt mir, gebt Bescheid.
Bis dahin mache ich einfach so weiter wie bisher. Versuche zu genießen, was ich habe, dankbar zu sein für das, was ich bin und gebe die Hoffnung nicht auf, irgendwann doch mal bei mir an zu kommen.
I may shine on.
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