Jammern

Veröffentlicht am 1. Februar 2012 um 10:27

Hallo Welt!

Willkommen im Februar, bei Eis, Schnee, Frostbeulen und blauem Himmel! Ich bin in Gedanken bei all denen, die zurzeit draußen sein müssen! Ehre sei euch, ihr armen Seelen!

Ich selbst bin gerade erkrankt und befinde mich dick eingepackt zuhause, um heißes Wasser mit Zitrone zu trinken. Meine liebe Ärztin hat mir homöopathische Globuli verschrieben und mich ins Bett gesteckt, wo ich mich nun seit einigen Tagen befinde, nicht, ohne sie täglich anzurufen und ihr zu berichten, wie es mir geht (Süß, ne?). Und ich muss dir sagen, das ist total langweilig!

Gibt mir aber natürlich mal wieder zusätzliche Zeit, um über dies und das nachzudenken. Zum Beispiel über die wichtige Frage, in welcher Farbe ich die Küche streichen könnte, oder wie ein Mann namens Terry Pratchett es schafft, in 27 Jahren 39 Scheibenweltromane zu schreiben (die 14 anderen Bücher und 6 Beiträge in Büchern mit Kurzgeschichten mal nicht mitgezählt) oder auch die nicht ganz uninteressante Frage, wieso ich schon wieder aussehe wie ein Streuselkuchen und ob das den Rest meines Lebens so bleiben wird. Immerhin bin ich jetzt 30, da sollte man doch davon ausgehen können, dass das mal nachlässt.

Na ja, wahrscheinlich muss ich mich langsam doch mal damit abfinden, dass ich mich nicht mehr bei Heidi Klum zwecks Modelkarierre zu melden brauche. Und da ich auch nicht singen kann, bleibt mir auf dem Weg zu Miss Raten (Miss Universe ist schon vergeben) nur noch das Schreiben. Tja, dann mal los.

Ich habe vor einiger Zeit ein tolles Gespräch mit einer lieben Arbeitskollegin geführt, das mir nicht mehr aus dem Kopf geht. Ich weiß überhaupt nicht mehr, wie wir darauf kamen (und auch nach mehrmaligem Wühlen im Erinnerungschaos meiner Großhirnrinde mag es mir nicht mehr einfallen, ich glaube, die wichtigen Hirnareale waren schon leicht verschnupft), aber ich weiß noch, dass es mit Arbeitszeiten begann, einen Umweg über Toleranz nahm und schließlich beim ernst nehmen der eigenen Probleme landete.

Und das Endergebnis, dem sich alle Beteiligten freudig anschlossen, lautete wie folgt:

Während RTL sämtliche Z-Promis im Dschungel einschließt, damit sie sich in ihrem Leiden und Jammern zu übertrumpfen suchen (Königin isd meiner Meinung nach mid Rechd die Liebe Dande Brigidde geworden, die immer allen die ßtimmung hoch hield un sich nie beßwerdde) und auch im privaten alle Jammern und Maulen und sich über Wetter /wenig Geld/ Familie / kranke Nasen beschweren, sollte sich doch ein Jeder mal selbst fragen, ob sich die Mühe lohnt. Die Mühe zu Jammern nämlich.

Der Punkt ist eigentlich, dass wir doch alle auf hohem Niveau jammern und rumheulen. Und ohne es zu merken, versuchen wir unseren Gegenüber auch noch zu untertrumpfen. „Was, du hast einen Schnupfen? In meiner Haut müsstest du mal stecken! Ich hab nicht nur chronische Bronchitis, sondern auch noch Muskelkater vom Sport, Kopfweh durch das furchtbare Wetter und einen Mann zuhause, der nicht annähernd wie George Clooney aussieht….!“

Meine liebe Kollegin warf dann ein, dass sie einen Bericht gesehen hat, über die Arbeitsverhältnisse derer, die unsere H+M Klamotten herstellen, über die wir natürlich auch nur meckern, weil sie, falls sie ausnahmsweise mal passen, in den Umkleiden auch noch gräßlich aussehen.

In einer Doku des WDR wurde eine Familie in Bangladesch besucht, die mit 16 Personen in einer 5 qm Wohnung haust, für die sie umgerechnet ca 30€ bezahlen müssen. Für einen 16 Stundentag bei H und M bekam die Tochter im Monat umgerechnet 36 € (Ich gebe die Infos hier weiter, wie sie mir erzählt wurden, genaueres gibt’s hier http://www.daserste.de/information/allround_dyn~uid,3wfdmjwzy8v11ivu~cm.asp).

Und meine Kollegin sagte dazu, dass sie der Meinung ist, dass wir uns und unsere Probleme mal nicht so wichtig nehmen sollen. Jeder hat mal einen schlechten Tag oder jammert, weil er gerne neue Schuhe hätte, aber sie meinte „wenn wir alle unsere Probleme nicht so ernst nehmen würden und wahr nehmen könnten, wie gut es uns tatsächlich geht, dann gäbe es auch viel weniger Stress und Konflikte und es würde nicht jeder jeden mit seinen Problemen übertrumpfen wollen. Man sollte sich auch selbst mal was zurück nehmen können“.

Tja, das kann ich so nur unterschreiben und fand es sehr erfrischend das mal aus einem Mund zu hören, der nicht zu einem allzu idealistischen Weltverbesserer gehört, sondern zu einer Person, die ein solches Klischee nicht zwangsläufig zu erfüllen bräuchte.

Ist es nicht wahr, dass unser Ego immer als erstes HIER schreit? Hey, ich habe absolut nichts gegen gesunden Egoismus, jeder sollte schauen, dass es ihm oder ihr gut geht, denn sonst kann man auch für andere nicht akkurat da sein. Aber dieses „auf sich schauen“ geht auch leiser und mit weniger Dramatik. Denn bei diesen Jammer-Duellen geht es nicht in erster Linie darum, sich um sich selbst zu kümmern, sondern eher darum, Energie von anderen zu klauen und die meisten „Ah´s“ und „Oh´s“ abzustauben.

Und mal unter uns: Das haben wir doch gar nicht nötig, oder?

Also, öfter mal die Klappe halten und die anderen Jammern lassen, dann wird uns auch wieder bewusster, wie gut das Leben eigentlich ist und dass es gar kein Weltuntergang ist, wenn uns die Klamotten von H und M nicht stehen. Ein zufriedenes Lächeln steht uns doch immer noch am besten.



Shine on!



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