Sie steht bei Aldi an der Kasse. Die Schlange ist lang. Sie tritt von einem Bein auf das andere. Zieht eine Schnute. „Heute ist einer dieser Tage“, denkt sie. „Einer dieser Tage, an denen ich mich frage, was dieses Leben eigentlich zu bieten hat. Außer arbeiten, einkaufen, fernsehen, schlafen, aufstehen, arbeiten…“
Sie seufzt. Alles erscheint ihr heute grau und trostlos. Was soll das alles? Wohin soll das führen? Sie seufzt wieder, sieht sich die lange Schlange vor sich an und ist frustriert. Direkt vor ihr steht ein Rocker. Zwei Meter groß, tätowiert, T-Shirt ohne Ärmel, Lederweste. Vor dem Rocker steht eine ältere Dame, vor ihr eine junge Familie mit Kleinkind.
„Klasse. Mit dem Typen ist nicht gut Kirschen essen. Und die Oma braucht sicher wieder ewig, um passendes Kleingeld zu finden…oh, ich könnte kotzen. So ein Scheißtag!“
Sie schaut auf ihre Einkäufe. Eine Tüte Spagetti, ein Liter Milch und Brot. „Und dafür stehe ich hier ewig rum. Aber was soll´s. Was soll ich auch zuhause? Kochen, putzen, denselben scheiß Alltag immer wieder und wieder. Und wofür? Für nix!“
Gott, ist sie angepisst! „Es gibt so Tage, da sollte man einfach im Bett bleiben!“, denkt sie bei sich.
Da dreht sich plötzlich der Rocker vor ihr zu ihr um und schaut sie an. „Au weia, was will der denn?“ fragt sie sich und fühlt sich gar nicht wohl in ihrer Haut.
Da lächelt der Zweimeterriese plötzlich und sagt ganz freundlich „Möchten sie nicht vorgehen, junge Frau? Sie haben doch nur 3 Teile. Da müssen Sie nicht so lange hier rum stehen!“ Und er tritt einen Schritt beiseite und lässt sie vorbei. „Ja, d-d-danke…“ stottert sie, völlig überrascht und geht mit großen Augen an dem Muskelprotz vorbei. „D-d-das ist ja echt nett…“ murmelt sie noch und weiß eigentlich gar nicht, wo sie hin schauen soll.
Da dreht sich auch noch die ältere Dame um und setzt noch einen drauf: „Gehen Sie ruhig auch hier vor, junges Fräulein! Ich hab Zeit, wissen Sie. Als Rentner hab ich´s nicht so eilig, junges Fräulein. Gehen Sie nur!“ Und auch die ältere Dame lässt sie vorgehen.
Jetzt hat sie einen ganz roten Kopf und schämt sich ein wenig. „Dankeschön, das ist wirklich sehr freundlich…“ stammelt sie und kommt tatsächlich direkt als nächste dran. „Wie gemein von mir, so fies von ihnen zu denken. Das war wirklich sehr nett.“ denkt sie bei sich und lächelt die ältere Dame unsicher an. Die lächelt fröhlich zurück. Die Kassiererin zieht ihre 3 Teile über die Kasse, lächelt ebenfalls ganz gelassen und wünscht ihr noch „einen schönen Tag!“.
Sie bedankt sich, wünscht ebenfalls einen schönen Tag und dreht sich nochmal um. „Ich danke Ihnen!“ sagt sie zu den beiden nun hinter ihr Stehenden. Der Rocker lächelt und zwinkert ihr zu, die ältere Dame grinst frech.
Sie verlässt den Laden, bleibt vor der Türe stehen und atmet tief durch. Die Sonne ist raus gekommen und scheint ihr warm ins Gesicht. „Na ja“, denkt sie, „vielleicht ist Leben doch nicht so scheiße.“
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